Quelle: ÄrzteZeitung.de – Künstliche Intelligenz (KI) kann in der onkologischen Diagnostik von großem Nutzen sein. Jedoch äußern Forscher, dass die Entscheidungen immer noch bei den behandelnden Ärzten liegen. Die französische Europaabgeordnete und Onkologin Véronique Trillet-Lenoir ist sich sicher, dass KI Onkologen im Versorgungsalltag von der Diagnostik bis zur Therapie enorm unterstützen könne.
Bei einer gemeinsamen öffentlichen Anhörung der Sonderausschüsse des EU-Parlaments zur Krebsbekämpfung (BECA) und zu Künstlicher Intelligenz im Digitalen Zeitalter (AIDA) erteilte sie allerdings eine klare Absage gegenüber Zukunftsvisionen des Versorgungsalltags. In der Anhörung sagte die BECA-Berichterstatterin zu der Frage, wie das Potenzial des KI-Einsatzes in der Krebsversorgung gehoben werden kann, dass KI bei der Diagnostik und Therapie immer unterstützen solle und könne, die Entscheidungshoheit allerdings immer bei den Ärzten liege. Trillet-Lenoir äußerte zudem, dass es fast unbegrenzte Möglichkeiten gebe Patienten generierte sowie Umweltdaten in die KI-optimierte onkologische Versorgung einzubringen.
Die Leiterin der Radiologie am Netherlands Cancer Institute in Amsterdam, Professor Regina Beets-Tan, sagte dazu, dass Radiologen bisher in Screenings mit eigenen Augen mehrere Hundert Bilder am Tag auf winzigste Abweichungen untersuchen müssten, was ermüdend sei. KI werde dagegen nie müde. Untersuchungen bezüglich Mamma-Karzinom zeigten sogar, dass allgemein tätige Radiologen mit Unterstützung durch KI sogar auf das diagnostische Niveau von spezialisierten Kollegen kämen. Beets-Tan plädierte vor dem BECA-Sonderausschuss für eine EU-weite Optimierung bestehender Mammographie- und anderer onkologischer Screening-Programme. Auch solle personalisierte Medizin und damit von KI begünstigten Präzisionsonkologie implementiert werden. Sowie das Einrichten von EU-weiten Forschungsprogrammen, die eine frühe Krebsdiagnostik und minimal-invasive onkologische Therapie sicherstellen sollen.
Für Beets-Tan stehen Ärzte und Informatiker bei der KI-Diagnostik vor einem großen Problem. Algorithmen können nur so gut sein, wie die eingefügten Daten. Jedes Tool müsse im Zuge des Maschinellen Lernens (ML) mithilfe von Tausenden Echtbildern trainiert werden, um Abweichungen diagnostizieren zu können. Für seltene Krebsformen fehlten allerdings diese Datenmengen. Amparo Alonso-Betanzos, Professorin für Computer Science and Artificial Intelligence an der CITIC-University in A Coruña, ist sich sicher, dass in Zukunft durchaus abgeholfen werden könne. Dazu schlägt die Präsidentin der spanischen KI-Vereinigung ein „Human-in-the-loop Machine Learning“ vor.
Onkologen aus dem klinischen Versorgungsalltag könnten somit ihre ärztliche Expertise nutzen und beim ML Bilder aus der Versorgung einbringen. Diese müssten entsprechend erläutert werden und die Algorithmen können somit spezifiziert werden. Die humane Expertise könne die Datenlücke bei seltenen Krebserkrankungen auf lange Sicht schließen.
Alonso-Betanzos verwies auf das Projekt CADIA, welches im galicischen Gesundheitssystem eingeführt werden soll, um Brustkrebs mithilfe einer dafür kreierten KI frühzeitig erkennen zu können. Von der technischen Seite kämen hier die Mammographie, die Biopsie und die digitale Brusttomosynthese zum Einsatz.
Hierfür würden alle verfügbaren pathologischen Muster und Bilder eingefügt. Nachdem diese vollständig digitalisiert wurden, sollen objektive Marker für die Analyse der verschiedenen risikobehafteten Brustregionen definiert werden.
Im Anschluss soll der Screeningprozess so automatisiert werden, dass KI-Systeme die Bilder begutachten und somit das Risiko anhand der vordefinierten Marker definieren. Die Radiologen erhalten diese Analysen und nehmen nur bei den Patienten weiterführende Begutachten vor, bei denen ein Risiko oder Verdacht auf Krebs bestehe.
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