Quelle: aerzteblatt.de – Eine randomisierte Studie des amerikanischen Ärzteblatts zeigt, dass die kognitive Verhaltenstherapie, die bei Kindern und Jugendlichen mit Zwangsstörungen häufig erfolgreich ist, auch online durchgeführt werden kann. 

Im Kindes- und Jugendalter beginnen häufig Zwangsstörungen. Diese werden auch als „obsessive-compulsive disorder“ (OCD) bezeichnet. Betroffene mit OCD werden zunehmend in ihrem Verhalten von Gedanken und Zwängen beherrscht. Diese Gedanken und Zwänge können nicht abgestellt werden, auch wenn sie sie als unsinnig erkannt haben. OCD äußert sich beispielsweise durch das wiederholte Reinigen von Gegenständen oder das wiederholte Kontrollieren. Zunehmend wird der Alltag von diesen Handlungen beherrscht und die Lebensqualität wird vermindert. 

Eine frühzeitige Behandlung kann die Störung am ehesten beseitigen. In Studien hat sich die kognitive Verhaltenstherapie (CBT) als wirksam erwiesen. Diese Form von Therapie nimmt viel Zeit in Anspruch. Vor allen Dingen in ländlichen Regionen sind zu wenig Therapeuten. 

Schweden hat das Versorgungsproblem gelöst, indem Psychologen des Karolinska Instituts in Stockholm eine Onlineberatung entwickelt hat, die einen Teil der CBT ins Internet verlagert. So können auch Betroffene in abgelegenen Regionen einer Behandlung nachgehen. 

Nachdem die Betroffenen eine fachärztliche Diagnose erhalten haben, absolvieren sie über das Internet ein bereitgestelltes CBT-Programm. Es gibt unterschiedliche Versionen. Die erste Version richtet sich an Kinder im Alter von 7 bis 12 Jahren und die zweite Version richtet sich an Jugendliche in einem Alter von 13 bis 17 Jahren. Beide Versionen bestehen aus 14 Modulen. Diese sind mit Informationstexten, Filmen und Übungen gefüllt, die sich mit OCD beschäftigen und Auswege aus den Zwangshandlungen zeigen. 

Die Behandlungskomponenten unterscheiden sich dabei nicht von einer herkömmlichen CBT. Diese bestehen aus der Aufklärung über OCD, Anleitungen zur Vermeidung der Zwänge und einer Rückfallprävention. Eltern und Betreuer werden mit eingebunden, für welche extra eine Onlineintervention entwickelt wurde. So können sie lernen, wie sie am besten die Kinder unterstützen können. Zudem steht jeder Familie ein persönlicher Therapeut zur Verfügung. 

Inwieweit die Behandlung erfolgreich ist, wird von Therapeuten nach drei Monaten beurteilt. Falls es keine Besserung gab, wurde den Betroffenen eine herkömmliche CBT angeboten. In einer Studie wurde dieses gestufte Vorgehen („Stepped Care“) mit einer konventionellen Therapie verglichen, bei welcher die Betroffenen schon zu Beginn eine herkömmliche CBT mit bis zu 14 Einzelsitzungen erhielten. 

An der Studie nahmen an zwei Zentren 152 Kinder im durchschnittlichen Alter von 13,4 Jahren teil. Von diesen 152 Kindern litt 1/3 unter einer psychiatrischen Begleiterkrankung (in der Regel Angststörungen oder Depressionen). Primärer Endpunkt waren die Veränderungen im CY-BOCS („Children’s Yale-Brown-Obsessive-Compulsive Scale“), einem halbstrukturierten Interview. 

Die CY-BOCS erfasst 10 Elemente der OCD, die von 0 (keine Symptome) bis 4 (extreme Symptome) bewertet werden. Das ergibt einen Gesamtbewertungsbereich von 0 bis 40. Höhere Bewertungen zeigen demnach einen höheren Schweregrad an. Vor dem Studienbeginn wurde eine Noninferioritätsmarge von 4 Punkten Unterschied zwischen den beiden Behandlungen festgelegt. Grund dafür war eine Untersuchung, welche sechs Monate nach Ende der Behandlung durchgeführt wurde. 

Kristina Aspvall vom Karolinska Institut und Mitarbeiter berichten, dass sich der CY-BOCS der „Stepped-Care“-Gruppe von 23,9 auf 11,6 Punkte verbesserte. Bei der herkömmlichen Therapie kam es zu einem Rückgang von 23,0 auf 10,6 Punkte. Die Differenz von 0,9 Punkten war nicht signifikant. 

Nach der Einschätzung von Aspvall kann das Onlineangebot als gleichwertiger Ansatz betrachtet werden. Allerdings sollte der Behandlungserfolg kontrolliert werden. Bei 34 von 74 Teilnehmern (46 Prozent) der „Stepped-Care“-Gruppe wurde die Therapie bei der Überprüfung nach drei Monaten als unwirksam eingestuft. Diese Betroffenen erhielten dann eine herkömmliche CBT. Außerdem wurden in der Vergleichsgruppe 23 von 78 Teilnehmer (30 Prozent) als Therapieversager eingestuft. Diese Betroffenen erhielten ebenfalls zusätzliche Behandlungsangebote. 

Studienleiterin Eva Serlachius wird somit bewusst, dass eine Onlineberatung den Zugang zu einer evidenzbasierten Therapie erleichtern kann. Kliniken können durch das Anbieten dieser digitalen Interventionen wertvolle Ressourcen sparen und die gewonnene Zeit komplexeren Fällen widmen. 

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